Mut zur eigenen Meinung

Wir treffen in Zürich ein, tönt eine freundliche und doch etwas elektronische Stimme aus dem Lautsprecher. Züge voller Menschen! Menschen, Seelen mit zielen, Verpflichtungen und Sorgen. Die Türe geht auf und der Peron explodiert. Schlagartig füllt sich der Bahnsteig und eine unglaubliche Energie wird frei. Die Jagd beginnt! Wo bleiben die schlaftrunkenen Gedanken über das Leben. - Zeit ist Geld …

 

Es gibt sie noch, die Augenblicke des Glücks!! Nicht die Jagd nach Geld, nein die Jagd nach Glücksmomenten. Ein Glücksjanky … Es gibt Momente in denen alles gut ist. Ein Gefühl das schwer zu beschreiben ist. Wie gelangen wir in den Zustand der Freude und bedingungslosen Liebe? Ich sehe Kinder, unbeschwert und glücklich spielen und streiten sie. Eine kleine grosse Welt voller Farben und Gefühlen. Sie sind näher am Licht und haben noch Verbindung in eine Welt die uns, je näher wir uns unserem vermeintlichen Zenit nähern, entfernen. Ständig streben wir nach mehr, grösser, schöner, schneller. Was soll das? Es ist klar, dass nicht jeder Tag / Moment von Glück und Harmonie geprägt sein kann. Die Entwicklung kann man nicht aufhalten. Was jedoch möglich ist, ist durch die Vorteile der Entwicklung mehr Zeit für die innere Ruhe zu finden. Wir bauen Häuser welche fast keine Energie mehr benötigen gleichzeitig stopfen wir sie mit Unmengen von unnutzen Dingen voll. Dinge welche uns den Alltag leichter, komfortabler machen sollen. Für alles gibt es eine Maschine oder ein Hilfsmittel. Dies beginnt beim elektronischen mit Kohlefilter ausgestatteten Windelkübel bis zum selbstreinigenden Gebiss. Warum nicht einmal anstatt ein Nullenergiehaus ein Nullkomforthaus. Verlieren oder gewinnen wir Lebensqualität? Einfach eine Behausung in der wir uns Wohlfühlen, nicht Prestige, keine Show einfach nur zu Hause sein. Ich habe viele Häuser gesehen, nur wenige sind „bewohnt“. Keine wirklich persönlichen Gegenstände, dafür eine Corbusier Liege. Manchmal spürt man eine Person meist die Frau. Der Mann arbeitet und hat sein Zuhause als Schlafstätte und als Vorzeigeobjekt wenn der sonntägliche Besuch kommt. Ein Zuhause welches unser Rückzugsort unsere Tankstelle sein sollte. Durch meinen Beruf habe ich die Möglichkeit Menschen bei ihren Überlegungen und Entscheidungen im Bezug auf das realisieren eines Eigenheims zu beobachten und zu beraten. Es ist ziemlich erschreckend durch was sich die die Leute beeinflussen lassen. Meine Freundin hat dies oder jenes gesagt und ich möchte das auch so.

 

Ein Beispiel: Es steht ein immer wiederkehrendes Thema an. Soll ein Holzhaus nun gestrichen oder natürlich belassen werden? Die Fassade wird grau, fleckig und es sieht nicht schön aus. Es wirkt ungepflegt etc. Für mich ein Spiegel der Gesellschaft. Alles muss perfekt gesteilt, geliftet und makellos sein. Ob dies eine Hausfassade oder ein Gesicht von einem Menschen ist, es ist überall dasselbe. Wieso können wir nicht akzeptieren dass ein Material (Fassadenschalung oder Haut) natürlich altert? Ein Mensch / Haus egal welchen alters ist immer dann interessant wenn er / es eine gute Ausstrahlung hat. Wie erreicht man eine gute Ausstrahlung? Harmonie – Harmonie erreichen wir durch Zufriedenheit – Schlichtheit – Einfachheit. Die Proportionen stimmen! Proportionen sind für mich zum Teil konstruierbar müssen jedoch steht’s mit dem Gefühl gepaart sein. So können harmonische Dinge entstehen dies in Bezug auf physische wie auch psychische Aspekte.

 

Da stehen die Frischgebackenen stolzen Eigenheimbesitzer vor ihrem fertigen Haus. Alles ist wunderschön, alle Fugen sauber ausgeführt und die Raumthermostaten welche selbstverständlich jeden Raum einzeln aufs Grad genau einstellen lassen eingestellt. Hier noch ein kleines aber und da noch ein wäre noch schön gewesen. Alles soweit gut … Nun muss das Haus noch richtig eingerichtet werden. Schlaf- Kinderzimmer, Büros und Hobbyräume überall müssen Schränke rein. Wenn wir schon ein neues Zuhause haben soll Ordnung herrschen! Nicht zuviel rumstehen und überhaupt soll das Haus auf die Gäste einen guten Eindruck machen. Das darf doch nicht wahr sein!! Hat man sein ganzes Vermögen dafür ausgegeben um sich und seine persönlichen Sachen in die Schränke zu verbannen? Bei einem Besuch eines Freundes habe ich einen kurzen Blick in sein heutiges Büro werfen können. Eine wahre Freude!! Endlich wieder einmal ein Raum mit leben. Auf den ersten Blick wusste ich was für Leidenschaften, Beruf und Hobbys dieser Mann hatte. Alles war ersichtlich. Gegen aussen wirkt ein solcher Raum vielfach chaotisch und unaufgeräumt. Aber er ist ehrlich … - Wenn die Bauherrschaften es nun verstehen, sich bei der Einrichtung ZEIT zu lassen und die Räume auf die Bewohner wirken zu lassen, dann wird es gut und das Zuhause zu einer Quelle der Kraft. Dabei müssen rationale Überlegungen in das zweite Glied stehen damit das Gefühl den führenden Part übernehmen kann. Denn nur in einem Raum in dem man sich hundertprozentig wohl fühlt kann man sich entspannen und auftanken. Wird ein Haus auf einer solchen ehrlichen von den Gefühlen geleiteten Basis eingerichtet entsteht ein stabiles Wohnfundament und die teilweise banalen Baumängel verlieren ihre Bedeutung!    

 

Wo bleibt bei den Menschen der Mut zur eigenen Meinung, wo ist die Risikobereitschaft eigene Erfahrungen zu machen wo bleibt die Eigenständigkeit die Persönlichkeit? Sind wir vergiftet mit Informationen aus dem Fernsehen, Zeitungen und Magazinen. Wenn uns die Medien sagen ab morgen werden irgendwelche Nägel durch die Nasen, Augenlieder, Zunge und Brustwarzen gestochen oder ab diesem Sommer ist ein Badeurlaub (natürlich in der Adria) nur noch mit einem unter die Haut tätowiertem Hirschgeweih vertretbar so machen wir das. Beim Arztbesuch sagt der Patient, er habe immer mehr Schuppen auf der Haut. Kein Problem es gibt hervorragende Kortisonsalben welche das Problem beheben. Nicht der wahre Grund interessiert, nein schnell muss es gehen. Und wenn dabei noch ein paar Franken rausschauen um so besser. Ich kenne einen acht Jahre alten Jungen. Er ist aufgestellt und quicklebendig. Er denkt – nicht nur schulisch gesehen, nein der Dreikäsehoch hat jetzt schon eine eigene Meinung. Freut sich so was von überschwänglich und ist bei einer seiner „Katastrophen“ zu Tode betrübt. Ein Kind, ausgestattet mit zwei Batterien. Ein anstrengendes und forderndes Kind. In der Gesellschaft sind solche Modelle nicht gerne gesehen und die besorgten Eltern werden zu Elternabenden zitiert und man legt ihnen nahe das Kind einmal abklären zu lassen. Mit Ritalin im Blut, einer Zahnspange im Mund und allmöglichen Schutzimpfungen wird die Generation von morgen auf die Zukunft vorbereitet. Ein möglichst guter Schulabschluss wenn möglich Frühenglisch in der Krabelgruppe – Internatseintritt mit dreizehn. Das Gesellschaftskorsett ist bereit! Wo bleiben die Querdenker, wo bleiben die, welche noch einen Nagel gerade einschlagen können? Wenn ich mit Lehrlingen spreche vermisse ich die Begeisterung. Nicht die Begeisterung für den Beruf, das wäre im Pubertätsalter ein bisschen viel verlangt. Nein die Begeisterung für das Leben ist kaum spürbar. Am Wochenende wird gekifft und sinnlos getrunken und unter der Woche sorgen die Zigaretten für die nötige Abgelöschtheit.  

 

Es ist erschreckend wie unbewusst wir mit unserem Leben umgehen. Alles ist fixiert auf aussen – Fassade!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0